"Da Rrratschn-Musigant"


Erklärung des Namens "Da Rrratschn-Musigant": Lautmalerei der Ratsche "Rrrrrr.."; in der Egerländer Mundart gibt es keine harten "k". Unsere Gruppe benützte eine Ratsche als Pausenzeichen! Es blieb nur eine Person aktiv!

Wissenswertes über Ratschen

 

Was auf dieser Seite nicht behandelt wird, sind sogenannte "Ratschenschlüssel" zum Lösen oder Befestigen von Schrauben und Muttern. Das physikalische Prinzip ist gleich => Name!

 

Name:
Ratsche oder Rätsche, Schnarre sowie Schnurre, Rappel, Räppel, Riärtel, Knarre, ist ein hölzernes Lärm- und Effektinstrument, das zu den Schrapp-Instrumenten gehört, zur großen Gruppe der Idiophone (Selbsttöner oder Selbstklinger).

Funktionsweise:
Die Zähne eines sich drehenden Rades lenken eine oder mehrere elastische Zungenblätter (Holz, Metall, Plastik) aus ihrer Ruhelage. Bei der weiteren Drehung springen die Zungen plötzlich in die Ruhelage zurück und und schlagen dabei auf den nächsten Zahn oder gegen ein anderes Hindernis. Dabei entsteht ein ratterndes Geräusch. Je größer die Auslenkung (Amplitude), desto kräftiger der Rücksprung, desto lauter die Ratsche. Je weniger Elastizität die Zungen aufweisen, desto kräftiger der Rücksprung, desto lauter die Ratsche. Wird eine Zunge über die Elastizitätsgrenze hinaus belastet, dann bricht sie.

Die Ratsche wird durch das schwungvolle Drehen eines Holzrahmens mit einem Holzzungenblatt = Flügel um eine in der Hand gehaltene Achse, an der ein Zahnrad befestigt ist, in Bewegung gesetzt. Das Zungenblatt rotiert um das feststehende Zahnrad und erzeugt dabei ein lautes, knatterndes Geräusch. Größere Ratschen haben üblicherweise mehrere parallele Holzzungen nebeneinander. Sie erzeugen damit ein breites Band von Schallwellen (Frequenzspektrum).

Der Rahmen einer Drehratsche besteht aus Fichten- oder Kiefernholz, das Zahnrad aus Buchen- oder Eschenholz. Die dünnen Zungenblätter der Ratsche sind meistens aus Eschenholz (elastisches und hartes Holz) gefertigt. Oft sind sie nicht gleichmäßig dick, sondern werden zum Zahnrad hin etwas dünner.

 

Verbreitung:
weltweit in verschiedenen Ausführungen

Früher gehörte die Ratsche neben einer Hellebarde und einem Horn zur Standardausrüstung eines Nachtwächters (Link). Das Horn wurde als Warnsignal für ein Feuer geblasen, die Ratsche verkündete: "Hier bin ich! Vorsicht!" Früher, als es noch keine Kanalisation gab, wurden Nachttöpfe einfach durch das geöffnete Fenster entleert, da musste man als Nachtwächter schon aufpassen. Ungesindel konnte man auf diese Weise auch vertreiben.

Hirten und Schäfer benutzten Ratschen als Lärmquelle, um Raubtiere zu vertreiben.

Als es noch keine Glocken gab, wurden Klangbretter und Ratschen als Signalquellen verwendet. Ausrufer verwendeten Ratschen (Link), wenn die Bewohner eines kleinen Ortes eine Neuigkeit erfahren sollten, Glocken waren oft zu teuer.

Früher zogen Bettelmusikanten mit einer Schnarre = Ratsche durch die Straßen, wovon sich die Bezeichnung "Schnorrer" (jiddisch: שנאָרער) ableitete. Jiddisch ist eine jüdische Sprache, die im Mittelalter aus der deutschen Sprache entstand, eine Art Dialekt aus Hebräisch und Deutsch.

Ratschen wurden und werden immer noch im Weinbau und in Kirschplantagen verwendet, um gefräßige Vögel von den Trauben der Weinstöcke zu vertreiben. Damit vertreibt man aber auch die Vögel, die Schädlinge fressen! Oft sind diese Ratschen mit einem Windrad versehen, so dass keine Handarbeit nötig ist. Allerdings gewöhnen sich die Vögel an den Lärm und naschen doch an den süßen Früchten, vorwiegend dann, wenn kein Wind weht.

Die Herkunft des Ratschenbrauchtums lässt sich auch auf die sogenannten "Pumper- und Rumpelmetten" - die im mittelalterlichen Österreich bezeugt sind - zurückführen. Die Pumpermette fand am Mittwoch, Grün-Donnerstag oder Karfreitag statt. Es wurde mit Messbüchern und Schallbrettern auf die Kirchenbänke geschlagen und dazu mit den Füßen auf den Boden gestampft. Dies geschah als Zeichen des Unmutes über den Verrat des Judas.

In katholischen Gegenden zogen und ziehen teilweise noch heute Kinder mit Ratschen durch die Gemeinde, um mittels des Ratschens die Kirchenglocken zu ersetzen, die in der Zeit vom Gloria der Messe vom letzten Abendmahl am Gründonnerstag bis zur Feier der Osternacht nicht läuten. Die Glocken sind nach Rom geflogen, sie trauern schweigend, weil Jesus am Kreuz gestorben ist.

Diese Aufnahme zeigt eine Schar Ratschnboum (ca. 1930) vor der bekannten Egerbrücke in Rodisfort, heute Radošov (Kyselka, Tschechien). Meine Vorfahren mütterlicherseits stammen aus diesem Ort. Mein Großvater war handwerklich sehr geschickt und hat da wohl mitgebaut. Die meisten Jungen benutzen sogenannte Schubkarrenratschen. Ganz rechts ist eine umgebaute Mistkarre zu erkennen.

Näheres unter dem link: https://www.egerlandmuseum.de/osterratschen_0409/

Geratscht wurde morgens, mittags, abends und zu den Gottesdiensten, dabei wurden verschiedene Sprüche aufgesagt, wie z.B.:

Wir ratschen, wir ratschen den englischen* Gruß,
damit jeder gute Christ weiß, wann er beten muss!
Kniets nieder, fallts nieder auf eure Knie,
bets drei Vaterunser und zwei Ave-Marie!

*(mit englischem Gruß ist der Gruß der Engel im Himmel gemeint)

In vielen Gegenden (z.B.: Belgien ) bringen die Glocken aus Rom die Ostergeschenke und nicht der Osterhase!!!

 

Heute ist die Flügelratsche ein beliebtes Instrument bei kulturellen und sportlichen Großveranstaltungen und auf Demonstrationen.

Kleine, aber laute Hand-Ratsche mit Echt-Blüten-Druck und Versiegelung mit Holzöl (Bauanleitung).

 

Die Ratsche (hebräisch: רעשן – ra'schen) spielt auch eine wichtige Rolle beim jüdischen Purimfest:

Purim erinnert an die im biblischen Buch Esther beschriebene Errettung der nach Persien verschleppten Juden im vierten Jahrhundert v. Ch.. Zur Zeit des persischen Königs Achaschwerosch und dessen jüdischer Frau Esther, plante Haman, Achaschweroschs höchster Regierungsbeamte, alle Jüdinnen im Königreich zu töten. Hamans Vorhaben wurde jedoch von Esther vereitelt. Sie setzte sich, unterstützt durch ihren Onkel Mordechai, beim König für ihr Volk ein und bewegte ihn dazu, den Jüdinnen per Dekret das Recht auf Selbstverteidigung gegen Übergriffe zuzugestehen. Diese verteidigten sich erfolgreich und Hamans Plan scheiterte. Der Name Purim leitet sich von dem Wort „pur“ (Plural Purim) ab, was soviel wie „Los“ bedeutet („ein Los ziehen“), aufgrund der Lose, die Haman ziehen ließ, um den Vernichtungstag der Jüdinnen zu bestimmen.

In der Synagoge wird aus diesem Anlass ein Gottesdienst gefeiert, bei dem es absolut nicht ernst zugeht. Sehr verbreitet ist die Tradition, während der Lesung der Megillat Esther in der Synagoge jede Nennung des Bösewichts Haman mit ohrenbetäubendem Lärm durch Rasseln und Ratschen zu begleiten. Der Tag vor Purim heißt „Fasten Esther“ und erinnert daran, dass Esther und ihr Volk fasteten, während sie Gott um Rettung vor Hamans Dekret anflehten.

Purim wird am 14. oder 15. Tag des jüdischen Monats Adar gefeiert und fiel im Jahr 2024 auf den 23./24. März: Verkleiden, süße Haman-Taschen, Ratschenlärm!

https://www.irg-baden.de/de/news/purim-das-fest-der-lose

 

Um den Dämon "langen Winter" zu vertreiben, wurden bei verschiedenen Veranstaltungen, so auch im Fasching Ratschen verwendet. Böse Geister an Allerheiligen, Samhain, ... und in den Rauhnächten nach Weihnachten waren dem Lärm einer Ratsche nicht gewachsen und lösten sich auf. Durch den Lärm wollte man bessere Zeiten ins Land rufen, sei es in Form von Wohlstand, einem milderen Frühling oder einer guten Ernte.

Heute sind Ratschen hauptsächlich zu Spielzeuginstrumenten verkommen, sie machen auch - zur Freude der Eltern - keinen Lärm mehr!

 

Verschiedene Komponisten sehen in ihren Werken die Benutzung einer Ratsche vor, z. B. Leopold Mozart in der ihm zugeschriebenen "Kindersinfonie", Carl Orff in den "Carmina Burana" und Richard Strauss in seiner sinfonischen Dichtung "Till Eulenspiegels lustige Streiche".

Moderne Musikratsche der Firma GEWA

Eine Klapper - sie wird als Musikratsche bezeichnet -

besteht aus einer Reihe von gleichen Schallbrettchen, die an einem Lederband befestigt sind. Die Handgriffe werden gegeneinander verschoben. Dadurch klatschen zwei Brettchen mit je einer Seite aneinander, es entstehen Schallwellen, das Prinzip ist vollkommen anders als bei einer Ratsche.
Der "Ratschn-Klaus" ist also ein "Klapper-Klaus", er benützt keine Ratsche sondern eine Klapper.

 

Eine wichtige Quelle über Ratschen und deren Bau ist ein Buch von Johanna Paar "Rrratschen - Ein Handbuch"

Link: https://www.steirisches-volksliedwerk.at/shop/shop_artikel.php?kat_id=3&kat_sub_id=42&item_id=433

eine Online-Version diese Buches findet man unter: https://austria-forum.org/web-books/rrratschen00de2012iicm

 

Verschiedene Arten von Ratschen:

Flügelratsche:
Siehe oben! Man dreht einen Holzrahmen mit einem Holzzungenblatt = Flügel um eine in der Hand gehaltene Achse, an der ein Zahnrad befestigt ist (Bauanleitung).

 

Fahnenratsche:
Darunter versteht man eine sehr große Fügelratsche, die mit beiden Händen geschwungen wird, das untere Ende der Fahnenstange steckt in einer Halterung, weil sie ein größeres Gewicht hat. Sie wird praktisch genauso betrieben wie das Schwingen von Fahnen bei einem Umzug. Fahnenratschen sind meist sehr kunstvoll gearbeitet.

https://steiermark.orf.at/stories/3097508/

Schubkarrnratsche:
Der Aufbau gleicht einer primitiven Schubkarre. Sie wird auf dem Boden geschoben, damit dreht sich das Rad und die daran befestigen breiten Zahnräder. Die Holzzungenblätter werden ausgelenkt und prallen dann auf die Seitenfläche des nächsten Zahnrades. Es entstehen Schallwellen. Die Holzzungenblätter lassen sich einfach durch Loch-Ornamente verzieren. Wichtig ist eine gute Bodenhaftung des Rades, wenn es rutscht, entstehen keine Geräusche. Am besten überzieht man die Lauffläche mit einem breiten Gummiband.

Kurbelratsche:
Die breiten Zahnräder sind direkt mit einer Kurbel verbunden. Wird sie gedreht, werden die Holzzungenblätter ausgelenkt und klatschen dann auf die Seitenfläche des nächsten Zahnrades. Sind die Zungenblätter verschieden lang, entsteht ein breiteres Spektrum von Schallwellen.

 

Hammerratsche:
Aus den elastischen Zungenblättern der Flügelratsche sind kleine oder größere Hämmer geworden, die an einem biegsamen Stiel - den früheren Zungenblättern - befestigt sind. Eine Walze mit eingeleimten Holzstiften lenkt die Hämmer aus, beim Weiterdrehen schlagen diese mit großer Wucht auf den Klangholzboden. Durch den Resonanzkörper entstehen tiefe Töne. Deshalb heißt eine Hammerratsche im Volksmund "Rumpelkasten"! Die biegsamen Stiele kann man mit Schrauben vorspannen, damit wird die Ratsche lauter. Damit sich die Hammerstile nicht verformen, entspannt man sie nach der Benutzung wieder.

Turmratsche:
Damit bezeichnet man eine sehr große Hammerratsche, die von mehreren Menschen angetrieben wird und stationär auf einem (Kirch)-Turm verbleibt.

Kathbild/Franz Josef Rupprecht

Die größte Osterratsche Österreichs ist die Turmratsche der Wiener Michaelerkirche

Ratschenschmuck:
Bevor man die Holzoberfläche ölt oder wachst, kann die Oberfläche künstlerisch bearbeitet werden: Bemalen; Brandmalerei mit Brenneisen (Lötkolben), bitte vorher auf einem Stück Abfallholz probieren; verschiedene Druckarten; besonders schön machen sich Echt-Blüten-Drucke: Man legt eine Blüte flach auf die Holzoberfläche, legt ein Blatt Schreibpapier darüber, spannt es mit Daumen und Zeigefinger der linken Hand, während die rechte Hand mit einem (Gummi)-Hammer die Farbe der Blüte in das Holz klopft. Bitte unbedingt vorher auf einem Stück Abfallholz, gleicher Art wie die Ratsche, probieren. Die Umrisse der Blüten lassen sich mit dem Brenngerät noch besonders betonen. Unter der Halbkugel der Drehachse lassen sich auch schmale bunte Bänder anbringen. Viel Freude beim Ausschmücken!

Tipp:
Falls Sie eine Ratsche kaufen wollen, achten Sie besonders bei Online-Käufen darauf, dass der Ratschenkörper aus massivem Klangholz besteht und nicht aus billigem Sperrholz. Bei Hammerratschen sind oft die eigentlichen Resonzräume vollkommen geschlossen, da sind die Schallwellen eingesperrt, es kann kein Klang entstehen. Diese Erbauer haben keine Ahnung von Physik!